Die ganz große Geschichte, als die sie durch Graticule´s Adam Levinson bezeichnet wird, sollte dem Westen in diesen Tagen ein Weck- und Alarmruf sein. Doch es erweckt hingegen den Anschein, als ob sich der Westen dazu entschieden hätte, die Nachrichtenbombe in Bezug auf den nahenden Start eines heimischen Öl-Futures-Handels in China zu ignorieren.

Gleichzeitig warnt Levinson die Washingtoner Regierung davor, dass die Aufnahme eines heimischen Öl-Futures-Handels im Reich der Mitte chinesischen Unternehmen nicht nur als Absicherungsinstrument dienen dürfte, sondern auch einer weitläufigen Regierungsagenda Pekings Vorschub leisten werde, die sich voll und ganz auf eine drastische Ausweitung von Yuan-Zahlungen im internationalen Handelssystem fokussiert.

INE öffnet ihre Pforten

Mancherorts wird gar schon vom Aufstieg eines Petro-Yuans gesprochen, welcher die De-Dollarisierung des internationalen Handelssystems beschleunigen dürfte. Analysten rechnen damit, dass Zentralbanken rund um den Globus ihren Bestand an Renminbi-Reserven massiv ausweiten werden. Im Angesicht von wachsenden Spannungen mit den USA dürfte es nicht von ungefähr dazu kommen, dass Peking ein wenig die eigenen Muskeln spielen lässt. 

Shanghais International Energy Exchange (INE) wird heimischen Ölkäufern zukünftig die Möglichkeit einräumen, sich Ölpreise an einem heimischen Futures-Markt zu sichern, um die Kontrakte in lokaler Währung – und somit auf Renminbi-Basis – zu begleichen. Auch aus dem Ausland stammenden Investoren wird eine potenzielle Teilnahme an diesem Markt nicht verschlossen bleiben.

Dies mag daran liegen, dass INE in Shanghais Freihandelszone registriert ist. Selbst bei Bloomberg scheint man mittlerweile auf den Hund gekommen zu sein, dass die sich daraus für den US-Dollar ableitenden Implikationen als globale Ölhandelswährung keineswegs positiv sein werden.

Startschuss: 18. Januar 2018

Laut des in Shanghai ansässigen Nachrichtenportals Jiemian, das auf Insider bei der Futures-Betreiberfirma Bezug nimmt, soll der heimische Öl-Futures-Handel in Shanghai am 18. Januar beginnen. Bereits im Dezember letzten Jahres soll der Pekinger Staatsrat grünes Licht für die Aufnahme des Handels gegeben haben.

Im Jahr 2017 hat China die Vereinigten Staaten als größter Rohölimporteur der Welt abgelöst. Die Aufnahme eines eigenen Öl-Futures-Handels wird dem Reich der Mitte einen gewissen Grad an Kontrolle über die Preisfindung an den großen internationalen Ölleitbörsen zuspielen. Diese internationalen Ölleitbörsen basieren ihre Geschäfte auf Zahlungen in US-Dollars. 

Ein auf Chinas Renminbi basierendes Abrechnungssystem würde den Grad der Nutzung der chinesischen Währung im globalen Handel bedeutsam ausweiten, worin sich eines der Langfristziele der Pekinger Staatsführung wiederspiegelt. In China freut man sich auf die Aufnahme des heimischen Öl-Futures-Handels, da der Grad an Rohöl, der durch heimische Raffinerien nachgefragt wird, weitaus besser reflektiert würde.

Absicherung gegen steigende Preise

Ein Kauf von Futures-Kontrakten gewährt Investoren die Möglichkeit, sich heutige Preise zu einem späteren Zeitpunkt zu sichern. Auch Verbraucher können sich auf diese Weise gegen potenziell steigende Preise in der Zukunft absichern. Spekulanten wird ferner die Möglichkeit eingeräumt, auf den Verlauf von Preisen zu wetten.

Neueste Daten zeigen, dass der Öl-Futures-Handel in New York und London die physische Rohölnachfrage im Gesamtjahr 2017 um den Faktor 23 überboten hat. Die beiden Ölsorten West Texas Intermediate (WTI) und Brent gehören zu den meist gehandelten Rohstoffen in der Welt. Im Jahr 1993 hatte China schon einmal den Versuch unternommen, Öl-Futures-Kontrakte in der Heimat handeln zu lassen.

Dieses Ansinnen musste damals nach nur einem Jahr aufgrund einer zu hohen Preisvolatilität aufgegeben werden. Wie die Nickel-Märkte zeigten, mag dies auch daran liegen, dass Spekulanten an Chinas Börsenplätzen ein weit größere Rolle spielen als im Rest der Welt, wodurch sich die Handelsvolumen erhöhen, die heimischen Marktplätze jedoch einer höheren Volatilität ausgesetzt werden.

Bezug zum Jahrhunderprojekt „One Belt One Road“

Ob ausländische Investoren an Chinas Öl-Futures-Markt aktiv teilnehmen werden, bleibt für den Moment abzuwarten. Denn überseeische Ölproduzenten und Investoren müssten nicht nur die Kröte von sich zeitlich wiederholenden Interventionen der Pekinger Behörden, sondern auch deren verhängte Kapitalkontrollen schlucken.

Manche Analysten weisen darauf hin, dass sich eine Ablösung des US-Dollars durch den Yuan im internationalen Rohölhandel in absehbarer Zeit nicht abzeichne. Auf lange Sicht mache es durchaus Sinn, Transaktionen auf Yuan-Basis in Erwägung zu ziehen, da es sich im Fall von China um einen globalen Schlüsselmarkt handele. Dies werde jedoch Jahre brauchen.

Andererseits dürfte eine Bezahlung von Rohöl auf Basis des Yuans Teil der Strategie von Chinas Staatspräsident Xi zur Entwicklung der "One Belt, One Road" Initiative sein, die den Eurasischen Kontinent – einschließlich des Mittleren Ostens – zukünftig zusammenwachsen lassen soll.

Was den Aufstieg des Petro-Yuan beschleunigen könnte, ist die Tatsache, dass der Yuan an den Währungsmärkten von Hongkong und Shanghai voll konvertibel sein wird: und zwar – wie bereits im vergangenen Jahr berichtet – in Gold.

Offene Fragen

Zudem lässt sich ein Rivale wie die chinesische Staatsführung nicht auf dieselbe Weise aus dem Weg räumen wie einst Saddam Hussein im Irak, der Öl gegen Euros verkaufen wollte, oder Muammar al-Gaddafi in Libyen, der einen panafrikanischen Gold-Dinar einzuführen beabsichtigte.

Offene Fragen bleiben hingegen im Hinblick darauf, wie Peking eine mit WTI oder Brent rivalisierende Ölsorte technisch umzusetzen gedenkt oder ob der Handel in dieser neuen Ölsorte durch die in China existierenden Kapitalkontrollen negativ beeinflusst wird. Fakt ist, dass die BRICS-Länder dem Petro-Yuan auf ihrem jüngsten Treffen in Xiamen ihren Segen erteilten.

Selbst US-Diplomaten kamen damals nicht umhin, als diese Tatsache gegenüber der Asia Times zu bestätigen. Auch das südamerikanische Land Venezuela befindet sich mit an Bord. Es ist wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass Venezuela sich auf Rang 7 und Russland auf Rang 2 unter den zehn wichtigsten Ölexportstaaten der Welt befindet.

Analysten der französischen Großbank Societe Generale weisen aus diesem Grund vorbehaltlich schon einmal darauf hin, welches Potenzial mit der Aufnahme des Öl-Futures-Handels im Hinblick auf Pekings Langfristziel einer Yuan-Internationalisierung verbunden ist.

Dieser Bericht basiert auf einer zusammenfassenden Darstellung eines Berichtes auf der Seite Zero Hedge, der wiederum Bezug auf Ausführungen und Überlegungen von Adam Levinson von Graticule.com nimmt.

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